Drei Perspektiven

Zugegeben: Eigentlich war nicht beabsichtigt, die Geschichte von Flucht und Vertreibung der europäischen Kultur- und Kunst-Prominenz aus dem Herrschaftsbereich der Nazis aus drei verschiedenen Perspektiven zu besprechen. Eigentlich wollte ich nur das Buch «Gehetzt» aus dem NZZ-Verlag vorstellen, das von Ruth Werfel konzipiert und, unterstützt von nicht weniger als 15 wohlmeinenden Sponsoren, herausgegeben wurde. Enttäuscht über das ärgerlich unbefriedigende Ergebnis dieses Vorhabens kam ich auf die Idee, zwei weitere Bücher einzubeziehen, die sich mit dem Exil befassen, und zu empfehlen, sich dem wichtigen und spannenden Stoff nicht nur mit Hilfe einer einzigen Publikation zu nähern. Denn wiewohl die Literatur zu dem Thema kaum zu überblicken ist, gibt es immer wieder Versuche, es neu zu behandeln: zum Beispiel in Ausstellungen, im Roman oder anhand von Selbstzeugnissen. Ruth Werfel nutzte für eine Ausstellung gesammelte Dokumente sowie Kontakte zu einschlägig engagierten Forschenden zur Herausgabe ihres Sammelbandes – dessen reisserischer Titel den Inhalt allerdings nur unvollkommen widerspiegelt. Da passt es gut, dass Michael Lentz mit seinem ebenso phantasievollen wie historisch genauen Roman hilft, ein beklemmendes Stück Vergangenheit im Kopfkino der Lesenden lebendig zu machen. Und schon 1998 zeigte Marcus G. Patka mit seiner nach wie vor gültigen Bilder-Biografie über Egon Erwin Kisch, wie gut es durch kluge Auswahl von Texten und Dokumenten gelingt, aus prominenten Namen Menschen aus Fleisch und Blut zu profilieren. Mehr in der Besprechung (als PDF).