Auffanglager

Felix Stössinger – Interniert in Schweizer Flüchtlingslagern

Für seinen Stiefsohn Hans Michael Freisager war Felix Stössinger «einer der intelligentesten Menschen, denen ich je begegnet bin. Einer der gebildetsten und belesensten und in jeder Hinsicht integer. Und eine Mensch, der einen Bekanntenkreis hatte, der fast nicht fassbar war. … Er kannte buchstäblich alle.» Tatsächlich war der Journalist und Verleger Felix Stössinger, am 25. August 1889 in Prag als Felix Alfred Stösseles geboren, ein politisch und kulturell erstaunlich weit vernetzter Mensch. Prag, Berlin und Wien waren seine Wirkungsstätten. In Paris hatte er studiert. Seine zehn letzten Jahre lebte er in Zürich, geduldet als Flüchtling und Literat, mit wenig Kontakt zur lokalen Szene. Er schrieb für den «Aufbau» in New York und für die «Neue Schweizer Rundschau», er wirkte als Übersetzer und Herausgeber vor allem für den Manesse Verlag. Felix Stössinger starb am 31. August 1954 in Zürich. Die Aufzeichnungen über seine dramatische Flucht aus Frankreich und sein Tagebuch über die Zeit der Internierung in der Schweiz fasste Stössinger unter dem Titel «Zwischen Tell und Gessler» zusammen. Nach seinem Tod, erinnert sich Michael Freisager, habe sich seine Mutter vergeblich bemüht, einen Verlag zu finden. Und noch in den neunziger Jahren, schreiben die Herausgeber, sei das Typoskript in erster Linie als historische Quelle verwendet worden. Erst der Verlagsleiter des Basler Merian-Verlags habe sich begeistert für die Publikation eingesetzt. Zu Recht! Denn Stössinger berichtet nicht nur höchst lebendig, mit Witz und in der Tradition des klassischen Reporters, er kommentiert seine Erlebnisse und Beobachtungen zusätzlich mit kritischer Distanz und intellektueller Schärfe. Eine ausführliche Besprechung des Buches gibt es hier.

Simon Erlanger. Peter-Jakob Kelting (Hg.): Interniert in Schweizer Flüchtlingslagern. Tagebuch des jüdischen Autors Felix Stössinger 1942/43. Basel 2011 (Christoph Merian Verlag), 544 Seiten, CHF 38.00, € 28.00.