Nancy Reddin Kienholz

Edward Kienholz und Nancy Reddin Kienholz: Zeichen der Zeit

Edward Kienholz (1927-1994) war einer der ersten Künstler, die den Rohstoff für ihre Arbeiten auf Müllhalden und Flohmärkten zusammensuchten. Und weil er mehr Ideen hatte, als er realisieren konnte, verlegte er sich früh darauf, mögliche Kunstwerke nur zu beschreiben und vorzurechnen, was die Ausführung kosten würde. Am Beginn seiner Karriere war Kienholz auch Kunst-Unternehmer. Er organisierte Ausstellungen und betrieb zusammen mit einem Kollegen eine eigene Galerie. Für die amerikanische Gesellschaft der späten fünfziger und der sechziger Jahre waren seine Werke eine reine Provokation. Nach 1972, nach seiner Begegnung mit Nancy Reddin (geb. 1943), die seine fünfte Frau wurde, entwickelte der kritische Ansatz zusätzliche Schärfe und wurde – auch beeinflusst durch ein Auslandjahr in Berlin – europäisch-direkt und für die Betrachter sofort lesbar. Die Retrospektive, die das Museum Tinguely in Basel von der Schirn Kunsthalle in Frankfurt übernommen hat, umfasst 34 Werke, von denen elf Nancy Reddin Kienholz als Mitautorin affichieren. Sie sind alle explizit auf Wirkung angelegt, Kunstwerke, die sich gegen Krieg, Rassismus, religiöse Heuchelei und die Unterdrückung der Frauen engagieren. Als besonders eindrücklich fielen uns die monumentale «Ozymandias Parade» (deren Titel sich auf ein Gedicht von Shelley bezieht) und die sarkastische Figurengruppe «My County ‘Tis of Thee» (nach der ersten Zeile eines bekannten patriotischen Liedes von Samuel Francis Smith) mit vier hosenlosen krawattierten Herren, die sich, je eines ihrer bestrumpften Beine in einer Tonne, die Rechte in der Herzgegend, die Linke am Gemächte des Hintermanns, wie auf einem Karussell um die amerikanische Flagge drehen. Unwillkürlich kommen uns Zirkuselefanten in den Sinn, die sich bei ihrem Ringelreigen am Schwanz zu fassen pflegen. Eine ausführliche Besprechung der Ausstellung und des Katalogs steht hier.