Philipp Gut

Wem nützt die Kampagne gegen Tagi-Chefredaktor Res Strehle?

Seit das rechte Kampfblatt «Weltwoche» eine Kampagne gegen Res Strehle, den Chefredaktor des Zürcher Tages-Anzeigers, reitet, streitet die Schweizer Journalisten-Gemeinde über Details aus der Biografie des Kollegen. Die aufgeregte Debatte, die auf der Website «Medienwoche» besonders leidenschaftlich geführt wird, bot mir Anlass zu folgendem Ordnungsruf:

Kolleginnen, Kollegen! Was für eine kleinkarierte, rechthaberische Debatte! Alle, die sich, hier und anderswo, über die in der Branche allseits bekannte Biografie Res Strehles wichtig tun, lassen sich zu Komplizen der «Weltwoche» machen und verfehlen die entscheidende Frage: Was ist der Zweck der Kampagne? Wem soll sie nützen? Schaut auf das Schrumpfblatt «Basler Zeitung»! Der rechtsliberale und nationalkonservative Kreis um die Geldgeber und Strippenzieher Tettamanti und Blocher hat sich die wohlfeile BaZ als Sprachrohr ausgewählt, weil er fest daran glaubt, dass der Besitz einer Tageszeitung geeignet ist, auf die Politik Einfluss zu nehmen. Sie wollen den links-grünen Mainstream der urbanen Zentren in die bürgerlich-konservative Richtung wenden. In ihrem elitären Weltbild sind Medien Propaganda-Instrumente. Journalisten, die dieses – notabene längst obsolete – Konzept umsetzen, gerieren sich, wie Markus Somm, als Missionare – oder sie sind einfach opportunistische Zyniker.

Res Strehle, der nächsten Monat 62 wird, und sein Verleger mögen noch einige Zeit standhalten, aber in Basel hockt der Köppel-, Gut- und Blocher-Kumpel Somm schon in den Startlöchern. Seitdem die BaZ vom Ex-Tagi-Mann Rolf Bollmann geleitet wird und der Druckauftrag bei Tamedia landete, scheint ein weiteres Zusammengehen logisch. Dafür müsste aber in Zürich eine neue Richtung eingeschlagen werden. O-Ton Bollmann http://www.onlinereports.ch/News.109+M5634ed39f49.0.html): «Die Integration der BaZ in ein Mantelkonzept, ob mit dem «Tages-Anzeiger» oder einer anderen Zeitung, steht im Widerspruch zur Positionierung der BaZ, wie sie von den Inhabern gewünscht wird.» Die Position der BaZ nach den Vorstellungen ihrer Besitzer ist am bürgerlichen rechten Rand. Die Diffamierung der Spitze des Tagi als «links» oder gar als «linksextrem» ist als Trommelfeuer zur Vorbereitung des Gefechtsfelds zu lesen. Der Angriff erfolgt, wenn die Zeit reif ist. In jedem Fall bleibt Strehle für den Rest seiner Zeit auf dem Chefposten in der Defensive: Ein erstes Ziel ist damit erreicht. Gut möglich, dass als nächstes die ganze «linke» («links-liberale», «links-grüne») Richtung des Tagi drankommt. Affaire à suivre.