Jakob Kudsk Steensen

«Nordlichter» in der Fondation Beyeler

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Unter dem Titel «Nordlichter» lädt die Fondation Beyeler in Riehen vom 26. Januar bis zum 25. Mai 2025 das Publikum zu einer Entdeckungsreise durch die Natur des Nordens ein. Kuratiert von Ulf Küster sind 70 Gemälde zu sehen, die zwischen 1880 und 1930 in Skandinavien, Russland und Kanada entstanden sind und sich ein Bild der von Wäldern, Mooren und Seen geprägten Landschaften südlich und nördlich des Polarkreises machen. Wind und Wasser, der Schnee und das Licht sind die Inspirationsquellen der vier Künstlerinnen und neun Künstler, von denen hierzulande die meisten unbekannt geblieben sind. Eine grosse Ausnahme bildet der Norweger Edvard Munch, dessen Werken in der Mitte der Ausstellung ein grosser Raum gewidmet ist. Munch ist zwar im
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Zentrum der Schau platziert, aber seine Werke sind ins Ganze der Präsentation eingebettet. Menschen sind nur auf zwei der ausgestellten Werke zu sehen. Auf drei weiteren finden wir menschliche Behausungen. Auf allen andern dominiert die Natur. Der Kurator macht in seinem einleitenden Katalogtext allerdings darauf aufmerksam, dass die Landschaften nur scheinbar eine Natur vor der Ankunft von Menschen zeigen. Bei genauerem Hinsehen sind tatsächlich Zeichen seiner Anwesenheit auszumachen, Fussspuren im sonst unberührten Schnee, die Rauchfahne einer Eisenbahn, ein Kajak, gefällte Bäume oder fürs Flössen vorbereitete Stämme zu entdecken. Die Künstlerinnen und Künstler, welche sich die Landschaften malerisch aneigneten, nahmen zum Teil grosse Strapazen auf sich, um ihre natürliche Umgebung ins Bild zu fassen. Eine Porträtgalerie im Anhang des Katalogs zeigt sie zu Fuss mit Wanderstöcken, auf Ski oder zu Pferd. Besonders eindrücklich ist die schwedische Malerin Anna Boberg (1864-1935), die durch ihre Gemälde der Inselgruppe Lofoten berühmt wurde. Damit sie bei eisiger Kälte im Freien malen konnte, liess sie sich einen speziellen Fellanzug anfertigen. Auf dem Bild ist zudem eine ingeniös konstruierte tragbare Staffelei zu erkennen.
Anna Boberg klein
Von Boberg und dem Kanadier Tom Thomson (1877-1917) stammen auch die drei einzigen Bilder der Ausstellung mit Darstellungen von Nordlichtern. «Für die Menschen des Nordens», vermutet Kurator Ulf Küster, «sind Nordlichter nichts Aussergewöhnliches». Jedenfalls scheinen sie, vielleicht auch weil sie «sich ausserordentlich schnell verändern und weder eine bestimmte Farbe noch eine klare Form haben», schwierig malerisch festzuhalten. Die Lücke füllt der dänische, in Berlin lebende Künstler Jakob Kudsk Steensen (geb. 1987), mit der im Auftrag der Fondation Beyeler entwickelten Video-Installation «Borreal Dreams», die auf einem LED-Bildschirm im Park des Museums zu sehen ist. Das Werk wird durch eine interaktive Website ergänzt, die den Zugriff per Smartphone jederzeit und auch von ausserhalb der Ausstellungsgeländes ermöglicht.

Zur Ausstellung erschien ein schön gestalteter Katalog, der neben allen ausgestellten Gemälden Biografien und Porträts der Künstlerinnen und Künstler, kenntnisreiche Essays sowie eine Bildstrecke mit historischen Fotografien umfasst, die das Leben der Menschen im hohen Norden am Ende des 19. und am Anfang des 20. Jahrhunderts dokumentieren.

Küster, U. (Hrsg. für die Fondation Beyeler): Nordlichter. Riehen/Berlin 2025 (Beyeler Museum AG/Hatje Cantz Verlag), 240 Seiten, CHF 62.50/€ 58.00.

Illustrationen: Edvard Munch «Zugrauch» (1900), Munchmuseet Oslo (Foto: Munchmuseet/Halvor Bjøngård). Anna Boberg «Nordlichter. Studie aus Nordnorwegen» (o.D.), Nationalmuseum Stockholm, Vermächtnis 1946 Ferdinand und Anna Boberg (Foto: Anna Danielsson/Nationalmuseum). Anna Boberg (Stadtmuseum Stockholm)

Eine ausführliche Besprechung unter Berücksichtigung der Katalogbeiträge folgt.