Bauhaus-Design im Vitra-Museum
25.09.15 11:22 Abgelegt in:
Kunst und KulturDer trendige Titel «Das Bauhaus #allesistdesign», unter dem die Kuratorin Jolanthe Kugler ihre Retrospektive im Vitra Design Museum In Weil am Rhein affichiert, weist auf die ungebrochene Kraft der mittlerweile bald 100-jährigen Designtradition der Bauhäusler aus Weimar und Dessau hin; der Hashtag möchte zudem eine neue Debatte über die Aktualität der Bauhaus-Kultur anstossen. In der Tat sind die klaren Formen und nüchternen Linien auch für die heutigen Gestalter eine massgebende Quelle der Inspiration. Sie beeinflussen nicht nur das Aussehen von Gegenständen, vielmehr spiegeln sie auch eine bestimmte Haltung der Kreativen. So wie die Bauhaus-Studentinnen und -Studenten von ihren Meistern seinerzeit nicht nur handwerkliche und k
ünstlerische Grundlagen vermittelt erhielten, sondern auch ihre Rolle in der Gesellschaft reflektieren mussten, so wird auch heute von Designern nachdrücklich mehr verlangt als die Herstellung von gefälliger Warenästhetik. Die Stichworte für die Wiederbelebung der umfassenden Bauhaus-Denkart heissen «Social Design», «Open Design» oder «Design Thinking». Die Ausstellung, die das Bauhaus – vom 26.9.2015 bis 28.2.2016 in Weil am Rhein und vom 1.4. bis 14.8.2016 in der Bundeskunsthalle in Bonn – als «komplexes ‹Labor der Moderne›, das mit heutigen Designtendenzen eng verknüpft ist» (Pressetext) präsentiert, ist in vier Teile gegliedert: Der erste fokussiert auf den historischen Kontext, der zweite zeigt ikonische Objekte sowie ihre Entstehung, der dritte demonstriert an Beispielen, wie viele verschiedene Professionen an der Entstehung des «Bauhaus-Stils» beteiligt waren. Der vierte Teil befasst sich mit den kommunikativen Werkzeugen des Bauhauses (Typgrafie, Fotografie, Film), die verwendet wurden, um der Schule den eigenen, unverwechselbaren Nimbus zu geben. Wie ein erster Durchgang zeigt, erfüllt die Ausstellung die eigenen hohen Ansprüche in vollem Umfang. Neben der mit zahlreichen Leihgaben und Objekten aus der eigenen Sammlung opulent orchestrierten Schau krönt der inhaltreiche und sorgfältig gestaltete Katalog die überzeugende Leistung der Kuratorin und ihres engagierten Teams.
Eine ausführliche Besprechung der Ausstellung und des Katalogs ist hier zu finden.
Kries, M., Kugler, J.: Das Bauhaus #allesistdesign, Weil am Rhein 2015 (Vitra Design Museum) 464 Seiten, € 69.90. (Englische Ausgabe: The Bauhaus #itsalldesign).
Tags:Bauhaus, Design, Marianne Brandt, Marcel Breuer, Lyonel Feininger, Walter Gropius, Wassily Kandinsky, Olaf Nicolai, Adrian Sauer, Enzo Mari, Norman Foster, Konstantin Grcic, Hella Jongerius, Alberto Meda, Jerzy Seymour
Alvar Aalto: Natürliche Formen
08.10.14 09:10 Abgelegt in:
Kunst und KulturUnter dem Titel «Second Nature» präsentiert das Vitra Design Museum in Weil am Rhein Alvar Aalto (1898–1976), einen der wichtigsten Architekten und Designer der Moderne, als Gestalter komplexer, auf die Natur und ihre Formen und Materialien Bezug nehmender Räume. Kuratiert von Jochen Eisenbrand und gemeinsam mit dem Alvar-Aalto-Museum in Jyväskylä entwickelt, zeigt die sorgfältig konzipierte Ausstellung den weit über seine finnische Heimat hinaus einflussreichen Grossmeister der «organischen Architektur» in vier, lose chronologisch geordneten Abteilungen. Die erste zeigt Aalto unter dem Titel «Wahlverwandtschaften» am Anfang seiner Karriere als universal interessierten Gestalter, der Sakralbauten,
Mehrzweckgebäude und im karelischen Viipuri (Vyborg. heute Russland) eine Bibliothek entwirft und sich gleichzeitig für bildende Kunst,Theater und Kino interessiert. Er entwirft Bühnenbilder, gründet eine Filmproduktion, und gestaltet selbstverständlich die Einrichtung seiner Bauten selbst. Das erste Gesamtkunstwerk wird das Lungensanatorium in Paimio. Das zweite Kapitel der Schau, «Natur, Kunst, Architektur» überschrieben, ist Aaltos Nähe zur natürlichen Umwelt und seinem dauernden Austausch mit wichtigen Künstlern seiner Zeit gewidmet. Jean Arp und Alexander Calder, Fernand Léger und der Bauhaus-Meister László Moholy-Nagy übten einen besonders starken Einfluss auf ihn aus, wie anhand ihrer Werke zu sehen ist. Der dritte Schwerpunkt fokussiert unter dem Titel «Die Kunst des Alltags» auf den Designer Aalto, der die Serienproduktion moderner Möbel und Leuchtkörper mit der eigenen Firma «Artek» förderte und ihre Verbreitung zu einer «mundialen Aktivität» erklärte. Im Obergeschoss schliesslich kulminiert die Ausstellung unter dem Titel «Architektur der Synthese». Gezeigt werden Entwürfe und Modelle beispielhafter Bauten, die Aaltos humanistisches Architekturverständnis manifestieren, darunter das Kulturzentrum in Wolfsburg, ein achtstöckiges Wohnaus im Berliner Hansaviertel, Wohnsiedlungen und Kommunalbauten in Finnland, ein Studentenwohnheim auf dem Campus des MIT in Cambridge (USA) und – wie eine Summe seiner Könnerschaft– die Finlandia-Halle in Helsinki. Insgesamt entwarf Alvar Aalto in fünf Jahrzehnten rund 500 Bauten, von denen 200 verwirklicht wurden – vor allem in Finnland, aber auch in 18 weiteren Ländern.
Zur Orientierung in diesem fast unübersehbaren Lebenswerk ist das Katalogbuch sehr hilfreich. Es dokumentiert nicht nur die Exponate und die eigens für die Schau vom Fotokünstlers Armin Linke hergestellten Bildfolgen, sondern enthält eine Fülle weiterer Dokumente und ein gutes Dutzend sachkundiger Essays zu allen Aspekten von Aaltos Wirken. Jochen Eisenbrand, Mateo Kries (Hrsg.): Alvar Aalto – Second Nature. Weil am Rhein 2014 (Vitra Design Museum), 688 Seiten, € 69.90)
Eine ausführliche Besprechung der Ausstellung und des Katalogs steht hier zur Verfügung.
Tags:Architektur, Design, Alvar Aalto, Vitra Design Museum, Alvar Aalto Foundation, Jochen Eisenbrand, Fernand Léger, Jean Arp, Alexander Calder, László Moholy-Nagy, Organische Architektur
Die Essenz der Dinge
23.03.10 11:26 Abgelegt in:
Kunst und KulturVom Faustkeil bis zum billigsten Auto der Welt, vom klassischen Thonet-Stuhl bis zum Sparschäler spürt das Vitra Design Museum in Weil am Rhein bis zum 19. September 2010 unter dem Titel «Die Essenz der Dinge» den Verbindungen des Designs mit der Kunst der Reduktion nach. Kurator Mathias Schwartz-Clauss organisiert 159 Exponate in einem Prolog und zwölf Kapiteln und ergänzt die Präsentation mit Projektionen von assoziierten Gegenständen. In dem so entstehenden Panoptikum der Design-Geschichte, das um die Sitzmöbel-Sammlung des Museums kreist, ergeben sich teils spannungsvolle, teils irritierende Gegenüberstellungen.
Mehr…Tags:Design, Design-Geschichte, Vitra Design Museum
George Nelson – Architekt, Autor, Designer, Lehrer
15.09.08 16:39 Abgelegt in:
Kunst und Kultur
War Le Corbusier der Philosoph des Designs, so war George Nelson (1908 bis 1986) sein Praktiker – in einem ebenso umfassenden Sinn. Neben Uhren und Geschirr entwarf er Möbel zum Wohnen und Büroarbeiten. Er gestaltete dabei nicht nur die Form nach der Funktion, sondern achtete besonders darauf, dass die Produkte kostengünstig industriell produziert werden konnten. Nelson, der nach seinem Architekturstudium dank einem Stipendium Europa bereisen und die europäischen Pioniere der Moderne (Le Corbusier, Mies van der Rohe, Walter Gropius und Gio Ponti) kennen lernen konnte, entwickelte in seiner Heimat als Publizist und Lehrer grossen Einfluss auf die Design-Szene. Seine Vorstellungen von moderner Urbanität, seine Erkenntnisse über Marken-Kultur (Corporate Design) und seine Forderung, dass sich gutes Design nicht in erster Linie in schönen Formen, sondern in der Lösung von Problemen bewähren müsse, sind bis heute gültig. Weil der langjährige Programmleiter des Möbelherstellers Herman Miller dieses Jahr 100 Jahre alt geworden wäre, zeigt das
Vitra Design Museum in Weil am Rhein (bis zum 1. März 2009) eine umfassende Retrospektive über Nelson als «Architekt, Autor, Designer, Lehrer».
Mehr...Tags:Architektur, Design, Kulturpolitik