Lyonel Feininger

Bauhaus-Design im Vitra-Museum

Der trendige Titel «Das Bauhaus #allesistdesign», unter dem die Kuratorin Jolanthe Kugler ihre Retrospektive im Vitra Design Museum In Weil am Rhein affichiert, weist auf die ungebrochene Kraft der mittlerweile bald 100-jährigen Designtradition der Bauhäusler aus Weimar und Dessau hin; der Hashtag möchte zudem eine neue Debatte über die Aktualität der Bauhaus-Kultur anstossen. In der Tat sind die klaren Formen und nüchternen Linien auch für die heutigen Gestalter eine massgebende Quelle der Inspiration. Sie beeinflussen nicht nur das Aussehen von Gegenständen, vielmehr spiegeln sie auch eine bestimmte Haltung der Kreativen. So wie die Bauhaus-Studentinnen und -Studenten von ihren Meistern seinerzeit nicht nur handwerkliche und
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künstlerische Grundlagen vermittelt erhielten, sondern auch ihre Rolle in der Gesellschaft reflektieren mussten, so wird auch heute von Designern nachdrücklich mehr verlangt als die Herstellung von gefälliger Warenästhetik. Die Stichworte für die Wiederbelebung der umfassenden Bauhaus-Denkart heissen «Social Design», «Open Design» oder «Design Thinking». Die Ausstellung, die das Bauhaus – vom 26.9.2015 bis 28.2.2016 in Weil am Rhein und vom 1.4. bis 14.8.2016 in der Bundeskunsthalle in Bonn – als «komplexes ‹Labor der Moderne›, das mit heutigen Designtendenzen eng verknüpft ist» (Pressetext) präsentiert, ist in vier Teile gegliedert: Der erste fokussiert auf den historischen Kontext, der zweite zeigt ikonische Objekte sowie ihre Entstehung, der dritte demonstriert an Beispielen, wie viele verschiedene Professionen an der Entstehung des «Bauhaus-Stils» beteiligt waren. Der vierte Teil befasst sich mit den kommunikativen Werkzeugen des Bauhauses (Typgrafie, Fotografie, Film), die verwendet wurden, um der Schule den eigenen, unverwechselbaren Nimbus zu geben. Wie ein erster Durchgang zeigt, erfüllt die Ausstellung die eigenen hohen Ansprüche in vollem Umfang. Neben der mit zahlreichen Leihgaben und Objekten aus der eigenen Sammlung opulent orchestrierten Schau krönt der inhaltreiche und sorgfältig gestaltete Katalog die überzeugende Leistung der Kuratorin und ihres engagierten Teams.

Eine ausführliche Besprechung der Ausstellung und des Katalogs ist
hier zu finden.

Kries, M., Kugler, J.: Das Bauhaus #allesistdesign, Weil am Rhein 2015 (Vitra Design Museum) 464 Seiten, € 69.90. (Englische Ausgabe: The Bauhaus #itsalldesign).

Rudolf Steiner – Die Alchemie des Alltags

Eingerichtet von Mateo Kreis, zeigt das Vitra Design Museum in Weil am Rhein vom 15. Oktober bis zum 1. Mai 2012 Rudolf Steiner als Schöpfer einer «völlig neuen Alltagsästhetik». Der Gründer der Anthroposophischen Bewegung und Erbauer des Goetheanums in Dornach folgte auch in seiner gestalterischen Arbeit demselben Muster, mit dem er sich seinen ganzen Geistespalast zusammenbaute: indem er Vorhandenes auswählte und in neue Zusammenhänge brachte. Bei Goethe lieh er sich die Farbsymbolik und bediente sich in der Metamorphosenlehre. Der Jugendstil mit seinem vegetativen Gestaltrepertoire lieferte ebenso Vorlagen wie der Kubismus, und die zahlreichen Reformbewegungen der Zeit, die unter anderem einfache Formen und die handwerklich sorgfältige Bearbeitung grundlegender Materialien propagierten. Die Ausstellung im schwierig zu bespielenden Museumsgebäude von Frank Gehry ist gleichzeitig eine Einführung in die Steinersche Ästhetik und eine Auseinandersetzung mit der Frage nach ihrer Gültigkeit bis heute. In dieser Breite und Tiefe ist dies der erste Versuch einer Gesamtschau auf Steiner als Designer. Und man darf ohne Weiteres sagen: Schon ein erster Rundgang zeigt, dass der Wurf gelungen ist. Um die Wirkung der Schau zu vertiefen, leistet sich das Vitra Design Museum ein Begleitprogramm, das auch für grössere Häuser den Rahmen des Gängigen bei weitem sprengen würde: Das Angebot umfasst, zusätzlich zu den Führungen durch die Ausstellung, fast ein halbes Hundert Workshops Happenings, Gespräche und Exkursionen. Eine ausführliche Besprechung der Ausstellung und des Katalogs ist hier zu lesen.